Bekennt euch zu ihm vor allen Völkern, ihr Kinder Israels; denn er selbst hat uns unter die Völker zerstreut. Tob 13, 3

Des Menschen höchster Zweck und Sinn ist Gott

Lesungen am 9. Sonntag im Jahreskreis: Dtn 5,12-15;Ps 81,3-11;2 Kor 4,6-11;Mk 2,23 - 3,6

„Was der Kirchenbau für den Raum ist, das ist der Sonntag für die Zeit. Er deutet an, dass wir im auf und ab unserer vergehenden Stunden und Tage Zeit haben für Gottes Ewigkeit. Freilich den Kirchtürmen wachsen allmählich die Hochhäuser über den Kopf und der Sonntag wird überdeckt vom Arbeitsprozess unserer Zeit. …

Was bedeutet der Sonntag der Tag des Herrn im Gang unseres Lebens? ‚Der Sabbat ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um des Sabbats willen‘ (Mk 2, 28).

Dieser Satz gilt auch für den christlichen Sonntag er ist zunächst um des Menschen willen da, er ist in der Tat eine soziale Ordnung, die für den Menschen gegeben ist. So war das auch im Ursprung im Alten Testament gewesen am Sabbat soll der Mensch zurückblicken auf die Schöpfung und auf den Schöpfer, der allen Menschen den Auftrag zur Arbeit gegeben hat. Am Sabbat sollten ruhen ‚Mensch und Tier Sklave und Herr‘ das war für den Orient eine revolutionäre Neuordnung, denn der Sklave galt nicht als Person, sondern als eine Sache mit dem einer tun konnte, was er mochte. Indem das Alte Testament den Blick freigibt auf den einen Herrn aller Menschen auf Gott werden die Unterschiede zwischen Herr und Knecht gering. … Der Sabbat ist um des Menschen willen da. Dieses Wort Christi könnte man in die Sprache unserer Zeit übersetzen und sagen die Arbeit ist um des Menschen willen da und nicht der Mensch um der Arbeit willen. Es ist nicht wahr, dass die Arbeit der höchste Zweck des Menschen ist, sondern des Menschen höchster Zweck und Sinn ist Gott und die Arbeit ist ein Mittel dafür. …

Aber wie im Alten Testament der Blick auf den Schöpfer Gott die Menschen voneinander befreite und sie frei machte zur Ruhe Gottes, so soll auch in unserer Zeit der Blick auf den Herrn und Gott uns Freiheit geben von unserem Werk und uns zeigen, dass der Mensch über dem Werk steht, dass er auch heute noch Sonntag hat und haben muss. In der Tat der Sonntag ist wirklich der Tag des Menschen aber er bleibt der Tag des Menschen nur, wenn er der Tag Gottes ist, weil Gott allein den Menschen schützen kann vor sich selbst und vor seinem Werk, weil Gott allein der Herr über alle Herren und über alle Dinge und schützen kann vor der Knechtschaft der Menschen und vor der Knechtschaft der Dinge die wir uns aufgebaut haben.“

Joseph Ratzinger 1960, JRGS 14/3