"Man darf nicht einfach aufgeben, das Evangelium zu verkündigen." Benedikt XVI.

Staunen über Jesus

Lesungen zum Palmsonntag: Jes 50,4-7;Ps 22,8-9.17-18.19-20.23-24;Phil 2,6-11;Mk 14,1 - 15,47

Wandmalerei in einer Dorfkirche auf der Insel Mön (DK)

„Gleich zu Beginn bringt Jesus uns zum Staunen. Sein Volk empfängt ihn feierlich, er aber zieht auf einem einfachen Fohlen in Jerusalem ein. Sein Volk erwartet zum Paschafest den mächtigen Befreier, aber Jesus kommt, um das Pascha durch sein Opfer zu vollziehen. Sein Volk erwartet sich einen militärischen Triumph gegen die Römer, Jesus aber kommt, um Gottes Sieg zu feiern, der am Kreuz errungen wurde. … Und was erstaunt uns am meisten am Herrn, an seinem Tod und seiner Auferstehung? Die Tatsache, dass er über den Weg der Erniedrigung zur Herrlichkeit gelangt. Er triumphiert, indem er den Schmerz und den Tod auf sich nimmt, was wir, die wir auf Bewunderung und Erfolg aus sind, möglichst vermeiden würden. …

Er hat es für uns getan, um durch und durch mit unserer menschlichen Wirklichkeit in Berührung zu kommen, um unsere ganze Existenz, alles Schlimme in unserem Leben durchzumachen; um uns nahe zu kommen und in Schmerz und Tod nicht allein zu lassen; um uns zurückzugewinnen, um uns zu retten. Jesus steigt auf das Kreuz hinauf, um in unser Leid hinabzusteigen. … Und jetzt wissen wir, dass wir nicht allein sind: Gott ist bei uns in jeder Verwundung, in jeder Angst: Kein Übel, keine Sünde hat das letzte Wort. Gott aber siegt, die Siegespalme erwächst aus dem Holz des Kreuzes. Die Palmzweige und das Kreuz bilden eine Einheit. … Lasst uns vom Staunen her wieder neu beginnen; schauen wir auf den Gekreuzigten und sagen wir zu ihm: „Herr, wie sehr liebst Du mich! Wie wertvoll bin ich für Dich!“ Lassen wir uns von Jesus in Staunen versetzen, um zum Leben zurückzukehren, denn der Sinn des Lebens liegt nicht im Haben und in der Selbstbehauptung, sondern darin, dass man entdeckt, dass man geliebt ist. Und die Größe des Lebens besteht gerade in der Schönheit der Liebe. Im Gekreuzigten sehen wir Gott gedemütigt, der Allmächtige ist nun ein Verworfener. Und mithilfe der Gnade des Staunens verstehen wir, dass wir Jesus lieben, indem wir die Verworfenen aufnehmen und auf die vom Leben Gedemütigten zugehen. Denn er ist in den Letzten, in denen, die abgelehnt werden und in denen, die unsere pharisäische Kultur verurteilt, zugegen.“

PAPST FRANZISKUS Aus einer Predigt am Palmsonntag, 28 März 2021